Menschliche
Bedürfnisse
In
der breiten Öffentlichkeit besteht immer noch das
Berufsbild einer Schwester oder eines Pflegers, in dem die Hauptaufgabe
in der
Entsorgung menschlicher Ausscheidungen mittels Urinflasche oder
Steckbeckens
ist. Dann folgen in loser Reihenfolge: Waschen des Patienten, Anreichen
von
Nahrungsmitteln, Kaffeetrinken (in sämtlichen Krankenhausserien
mindestens
einmal pro Sendung) und last but not least, das Vorlesen. Dieser Punkt
wurde
von manchen Politikern doch so hoch bewertet, in dem sie den
Personalnotstand
im Pflegeberuf durch Hartz IV-Empfänger bekämpfen wollen. Man
setzt voraus,
dass diese Lesen können und so einen wichtigen Pflegeprozess
bewältigen. Daraus
resultiert natürlich, dass all die vorher erwähnten
Tätigkeiten, auch
Hauptschüler erledigen können.
Für
dann noch eventuell zu besetzende Stellen nehme
man dann, wie in den vorhergehenden Jahren schon so oft bewährt,
ausländische
Pflegekräfte. Hier tun unsere Politiker nämlich noch ein
gutes Werk, in dem sie
den armen, arbeitslosen Pflegenden hier in unserem Pflege-paradies die
Möglichkeit bieten, arbeiten zu dürfen.
Diese
oben angeführten Tätigkeiten gehören, bis auf
das Vorlesen (wenn überhaupt, nur in exklusiven Pflegeheimen
möglich – das
Politikergehalt, macht’s möglich) zu pflegerischen
Tätigkeiten, beanspruchen
aber tatsächlich nur einen Bruchteil der täglichen
Arbeitszeit.
Aber
auch diese Tätigkeiten können Anlass zur
Heiterkeit geben.
„Der
war’s“
Ein
älterer Patient verspürte nachts auf unserer
Wachstation Stuhldrang. Dieser war so massiv, dass er schnell auf
Toilette
wollte. Er war aber an allerlei Gerätschaften angeschlossen,
Monitor,
Infusionen usw., die ihn hinderten, schnell aus dem Bett zu kommen. In
der
Zwischenzeit alarmierte schon der Monitor, so dass ich ins Zimmer ging,
um die
Ursache zu erforschen.
Da
stand der Patient mittlerweile vorm Bett und
schimpfte. Er hatte mittlerweile schon ins Bett abgeführt und der
Rest fiel nun
zu Boden. Ich wies den Patienten darauf hin, dass er die Klingel zu
betätigen
habe und keinesfalls ohne Hilfe aufstehen sollte. Dies geschah mit
eindringlichen Worten, da das angerichtete Chaos bei mir schon etwas
geschwollene Halsvenen verursachte. Durch die dadurch entstandene
Unruhe kamen
meine beiden Kolleginnen um nach dem Rechten zu sehen. Wie sie nun so
in der
Tür standen, wandte sich dieser Patient zu ihnen um und deutete
auf mich mit
den Worten: „Der war’s“
Für den anschließenden Spott brauchte ich nun nicht zu sorgen. Meine Kolleginnen malten sich vor ihrem geistigen Auge aus, wie ich den Patienten aus dem Bett schicke, um dann „meinem“ Bedürfnis nachzukommen und anschließend auch noch dem armen Patienten die Schuld zuweise.